Mittwoch, 20. November 2024

50.Tag

Heute war ein richtig guter Tag. 

Bei der Visite wurde mir mitgeteilt, dass ich morgen entlassen werde und ab Freitag tagesklinisch weitermache. Die Docs und Psychologen haben die gleiche Wahrnehmung wie ich, dass es jetzt Zeit für diesen Schritt ist und man jetzt an den Feinschliff geht. Das Feedback von den Pflegern war ähnlich. Deshalb auch gute Laune heute. Nur der Schnee hätte nicht unbedingt sein müssen. Ansonsten war es angenehmer Tag heute mit Visite, Entspannungstraining, Fitness und Rückentraining. 

Ich habe auch keine Lust mehr auf Zank und Streit. Jeder hat sein Glück verdient. 

Deshalb auch ein Moment der Reue und Vergebung.

Es gibt Momente im Leben, in denen man zurückblickt und erkennen muss, dass man sich verirrt hat. Ich habe große Fehler gemacht. Entscheidungen getroffen, die ich heute nicht mehr nachvollziehen kann. In meinem Stolz oder meiner Verzweiflung habe ich Worte gesagt, die ich nicht zurücknehmen kann – Worte, die einen Menschen verletzt haben, der mir viel bedeutete. Ich habe verloren, was mir so wichtig war, weil ich nicht ich selbst war.

Es war, als ob ich von einem Schatten meiner selbst gelenkt wurde. Wut, Angst oder vielleicht innere Unsicherheit haben mich dazu gebracht, jemand anderen zu verletzen, obwohl ich diese Person eigentlich beschützen und schätzen wollte. Und nun sitze ich hier, gefangen in einer Spirale aus Schuld und Bedauern.

Ich wünschte, ich könnte die Zeit zurückdrehen. Ich wünschte, ich könnte jene Worte auslöschen und stattdessen Freundschaft und Verständnis zeigen. Doch die Vergangenheit ist starr, unveränderlich – sie lässt mich mit den Konsequenzen zurück.

Verzweiflung hat mich erfüllt, denn der Gedanke, unwiderruflich verletzt zu haben, ist kaum zu ertragen. Aber in dieser Dunkelheit habe ich eine leise Hoffnung gefunden: Vergebung. Zuerst die Hoffnung, dass der Mensch, den ich verletzt habe, irgendwann die Kraft findet, mir zu verzeihen. Aber auch die Einsicht, dass ich mir selbst vergeben muss. Ich kann nicht für immer in Selbsthass verharren. Ich muss die Verantwortung für mein Handeln tragen, mich entschuldigen und mich ändern.

Verzeihen bedeutet nicht, dass alles vergessen wird. Es bedeutet, die Wunden zu akzeptieren und zu heilen – gemeinsam, wenn möglich, oder auch allein, wenn nötig. Ich weiß, dass Vergebung nicht leicht ist, weder für mich noch für den anderen. Doch ich hoffe, dass ich die Chance bekomme, zu zeigen, wer ich wirklich bin, wenn die Masken der Verzweiflung fallen.

Ich bin nicht perfekt, und ich werde es nie sein. Aber ich möchte wachsen, lernen und vor allem nie wieder die Menschen verletzen, die mir wichtig sind. Aus meinen Fehlern will ich Stärke schöpfen – nicht, um die Vergangenheit zu leugnen, sondern um eine bessere Zukunft zu schaffen.

Vielleicht gibt es ja irgendwann ein zurück zur Normalität, zum Dialog und zur Freundschaft. 


(c) MS 2024

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